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Fake-News mal ganz raffiniert – Kölner Abendblatt landet genialen Coup

Was würden Sie denken, wenn in einer renommierten Tageszeitung aus dem Spektrum „Lügenpresse“ 😉 plötzlich Nachrichten gemeldet werden, die endlich  „mainstreammäßig“ das bestätigen, was Sie schon seit Jahren vermuten, was bisher aber immer als Verschwörungsquatsch abgetan wurde? Wenn in einem solchen Artikel alle die Dinge, die Wahrheitssuchende (neudeutsch „Truther“) seit Jahren recherchiert und zusammengetragen haben. plötzlich ernsthaft auch hier ausgesprochen werden, jedenfalls so ähnlich?

Wenn dieser Artikel auch noch mit einem eindeutigen Chemtrail-Foto garniert wäre? Genau: Sie würden sich freuen und diesen Text an alle  weitergeben, die Ihrer Meinung sind oder die Sie schon immer gern von Ihrer Meinung überzeugt hätten.  Mit allzu genauem Lesen, Prüfung der Zitate oder Links oder Namen würden sich viele gar nicht erst aufhalten – die Nachricht ist gar zu schön!
In dem Fall,  auf den ich hinweisen möchte, wurde ein Artikel aus dem Kölner Abendblatt mit dem aufsehenerregenden Titel „Bundesregierung bestätigt Chemtrailprojekte“. Bitte erstmal anschauen – boah oder?
Aber natürlich ist das zu schön, um wahr zu sein.  Wer auch nur ein bisschen näher prüft, merkt, dass es sich hier um ironische Fake News besonderer Art handelt. Naive Blogger denken dann „Doch die großen Medien trauen sich nicht, die Nachricht aufzugreifen.“ Wenn eine so sensationelle Nachricht begierig von den wahrheitssuchenden Bürgern geteilt wird, jedoch nicht in „Funk und Fernsehen“ aufgegriffen, ist etwas faul. Also, Hamburger Abendblatt kenne ich, Kölner Abendblatt? Vielleicht fällt es nur Kölnern auf, aber das Kölner Abendblatt gibt es eigentlich gar nicht – es handelt sich um ein Satire/Spaß/Was-auch-immer-Projekt.

Denn nun, nachdem der Artikel auf unzähligen engagierten Plattformen als (einer von vielen, darunter auch realen) Beweisen für Chemtrails aufgeführt und verlinkt wurde, kann man hahahaha natürlich wunderbar zeigen, WIE blöd diese „Verschwörungstheoretiker“ sind. Blöd vielleicht nicht – aber oberflächlich? Unkritisch?

Die Herausforderung für mündige „Bürgerinnen und Bürger“ ist, unsere Eigenverantwortung und Mündigkeit ernst zu nehmen, gut zu prüfen und zu hinterfragen. Das Internet befähigt uns zu einer nie dagewesen Vernetzung und ermöglicht theoretisch basisdemokratischen individuellen Wissensaustausch weltweit, verleitet aber auch  zu Schnellschüssen, besonders wenn die eigene Meinung bestätigt wird. Dieser eine Artikel und seine unkritische Verbreitung diskreditiert die Glaubwürdigkeit unzähliger gut recherchierter, belegter und bestätigter Beobachtungen, Recherchen und Berichte über Chemtrails.  Die alte Frage: Cui bono – Wem zum Vorteil? bleibt aktuell. Eine Seite wie das „Kölner Abendblatt“ mag  lustig und als Aufwecker gemeint sein, sie ist aber andererseits auch Teil der Überflutung mit Desinformation. Klar steht auch jede Menge Wahres im Internet, aber was ist wahr, was ist „Fake“?

Das „Kölner Abendblatt“ von „Paul Newsman“ kann uns hier gut trainieren. Denn hier werden lauter Fake News verbreitet, und jeder Link, dem der Leser folgen will, führt auf eine Seite, wo der Spaß aufgeklärt wird. So wird unser aller Oberflächlichkeit vorgeführt – zu Recht schreiben die Macher des Kölner Abendblattes: „Wir hätten es dir nicht so leicht machen müssen, und andere machen es dir auch nicht so leicht.“ Genau!
Der Chemtrailartikel wurde von Hunderttausenden gelesen und offenbar von vielen ernstgenommen, weil er eben so haarscharf an dem vorbeischrappt, was andererseits viele als wahr empfinden –  wir alle müssen wirklich genauer hinschauen. Wenn wir jetzt alles, was „im Internet“ steht oder „auf Youtube gesagt wurde“, genauso unkritisch glauben wie früher  das, was „im Fernsehen kam“ oder „in der Zeitung stand“, kommen wir der Wahrheit nicht näher.  Eigenverantwortung geht anders. Das Internet macht es uns eigentlich leicht, zu hinterfragen und zu recherchieren – aber Freiheit ist immer nur so viel wert, wie sie auch genutzt wird.
Ermutigend ist, dass ausgerechnet dieser Artikel eine so riesige Leserschaft erreichte – offenbar machen sich sehr sehr viele Menschen Gedanken um unser Wetter – meiner Meinung nach zu Recht 🙂

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