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Anzeichen für Bindungsabwehr oder Kinder zu früh in Fremdbetreuung?

Bindungsabwehr

Zurzeit kursieren einige Videos von Eltern, die ihr Kind beim Abholen nach dem ersten Tag in der Kita o. Ä. zeigen. Dabei sieht man zunächst die Kinder meist „ruhig“ spielen oder sich anderweitig beschäftigen, bis sie ganz plötzlich aufspringen, anfangen zu weinen und zu Mama oder Papa laufen, sobald sie sie sehen. Zeigt sich hierbei ihre Bindungsabwehr?

Nein, in diesem Fall noch nicht, sondern im Gegenteil, man sieht sie ja weinend auf ihre Eltern zu rennen – sie haben die Bindung an sie zu sehr vermisst. In ihrer Verlassenheit haben sie auf Stand-by geschaltet, sich in ihr Schneckenhaus zurückgezogen („gepanzert“), waren ruhig (nachdem sie uunter Umständen lange geweint haben (ich habe von vielen Erzieherinnen gehört, dass sie den Eltern nicht sagen dürfen, dass und wie lange ihre Kinder weinen oder apathisch in der Ecke sitzen) . In dem Moment, wo sie Mama sehen, bricht dieser Panzer (gottlob!) auf, und sie stürmen weinend auf sie zu. Das ist quasi die noch weniger dramatische Vorform der Bindungsabwehr.
Echte Bindungsabwehr gibt es aber auch oft, und sie wird meist fehlinterpretiert als „war ja wohl doch schön trotz der Abschiedstränen heute Morgen“ Die Mama kommt zum Abholen, das Kind ist desinteressiert, beachtet sie nicht, schmiegt sich an die Erzieherin oder will auch gar nicht mit nach Hause. Es braucht erst eine Weile, bevor es wieder weich und anhänglich an Mama wird. Da ist der Panzer schon fester, das Kind hat nach dem langen Tag buchstäblich das Gefühl „Mama ist für mich gestorben““ hat sich in seiner Verzweiflung den anderen Kindern oder einer Erzieherin oder seinem Kuscheltier zugewandt.
In meinen Augen sollte ein Kind erst dann bei egal wem zurückgelassen werden, wenn es zu der Ersatz-Bezugsperson so viel Vertrauen hat, dass es in ihren Armen weinen kann, um Mama, oder wenn es sich wehgetan hat etc. Dann besteht die Chance, dass es sich nicht panzern muss, sondern weinen kann und danach dann beruhigt ins Spiel findet und nicht den ganzen Tag gepanzert verbringt. Denn ihr wisst ja, zumindest wenn ihr in meiner Wachstumsgruppe seid  Panzerung bedeutet keine Gefühle, und keine Gefühle bedeutet kein Reifwerden – also verlorene Zeit für die Entwicklung des Kindes.

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